Sehr geehrte Frau Staatsministerin Hinz,
als Naturschützer „vor Ort“ haben wir bisher die Waldpolitik Ihres Hauses nach Kräften unterstützt. Wir sahen gute Ansätze für mehr biologische Vielfalt, für den „Zukunftswald“ für unsere Enkel. Richtige und notwendige Schritte dahin waren für uns die durchgehende Zertifizierung nach FSC-Standard und die Bemühung um „größere „ Naturwaldflächen im Rahmen der „zweiten Tranche“ - im Sinne des gemeinsamen Papiers von WWF,NABU, BUND, Greenpeace und Zoologischer Gesellschaft Frankfurt.
Nun haben uns aber in jüngster Zeit verschiedene Vorgänge rund um den Hessischen Staatswald sehr nachdenklich gemacht, beinahe rütteln sie an unserer Grundsatzeinstellung zur demokratischen freiheitlichen Ordnung. Immer wieder haben in den letzten Monaten hessische Beamte ganz offen Front gegen „Pro-Naturschutz- Entscheidungen“ Ihres Hauses gemacht, die wir ehrenamtlichen Naturschützer begrüßen. Als Beispiel haben wir Ihnen einen Bericht des Gelnhäuser-Tageblatt vom 09.02.2016 beigelegt. *)
Die Menschen in Hessen haben bei der letzten Wahl in Hessen ihre Vertreter in den Hessischen Landtag entsandt. Diese Vertreter haben Sie und ihre Kollegen/innen im Kabinett damit beauftragt, das Land Hessen im Sinne des Mehrheitswillens der Bevölkerung zu verwalten und die Beschlüsse des Landtages und gegebenenfalls der rechtlich ordnungsgemäßen Vorgaben der BRD und der EU umzusetzen. Da Sie das nicht alleine können, müssen Sie sich auf eine Mannschaft stützen, die hinter Ihnen und somit hinter der Mehrheit der Bevölkerung steht. Diese haben in vielen Fällen den privilegierten Status des Beamtenrechts.
Leider müssen wir immer wieder feststellen, dass es Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes gibt, die sich offen und ohne Gewissenkonflikte gegen die von Ihnen und der Volksvertretung erlassenen Beschlüsse stellen. Dieses Verhalten schädigt auf Dauer das Ansehen aller Beamten. Da wir mit Ihnen und ihrem Ministerium eine große Übereinstimmung der fachlich begründeten Ziele haben, bedauern wir dies außerordentlich. Zudem führt dieses Verhalten dazu, dass dieser offene Widerspruch auch zu einer ineffizienten Arbeitsweise der Forstverwaltung beiträgt.
Warum sind wir so aufgebracht? Der oben erwähnte Zeitungsartikel mit der Überschrift „Falsch verstandener Naturschutz“ hat für uns das Fass zum überlaufen gebracht. Der Leiter des Forstamtes Nidda erklärt, dass die Stilllegung von Waldflächen „für ihn kein verantwortungsvolles Handeln“ darstellt. Aus dem Pressebericht der Oberhessischer Zeitung vom 15.12.2015 geht hervor, dass Herr Reißmann den Begründungstext für einen Stadtverordnetenbeschluss geschrieben und darin Unwahrheiten verbreitet hat:
· FSC-Zertifizierung habe zur Folge, „dass sogenannte nicht-standortsheimische Baumarten wie beispielsweise die Lärche, die Douglasie und die Roteiche ein Anbauverbot erfahren werden“
· Der ländliche Raum werde im Gegensatz zu den städtischen Regionen „reglementiert“, „fremdbestimmt“, „eingeengt“ und „wirtschaftlich geschädigt“.
· „Dieses Vorgehen (Waldstilllegungen) halten wir für grundsätzlich falsch!“
Damit werden Menschen gegen die Ziele der Landesregierung aufgehetzt. Andere Forstamtsleiter und Revierförster treffen ähnliche Aussagen und agieren teilweise verdeckt – wieder andere Forstbeamte beklagen sich bei uns, den Naturschützern, über den naturfeindlichen Kurs der eigenen Firma.
Der offene Boykott Ihrer Vorgaben und die Verbreitung von sehr zweifelhaften fachlichen Einschätzungen wird Ihren Ruf - und den von HessenForst - schädigen. Fast alle unabhängigen Wissenschaftler vertreten die Meinung, dass Prozessschutz auf 5 % des Hessischen Waldes auf möglichst großen Flächen den rasanten Verlust der Biodiversität bei uns in Hessen eindämmt. Vor diesem Hintergrund ist es nur schwer zu ertragen, wenn Teile Ihrer Mitarbeiter genau das Gegenteil behaupten und sich dabei auf wenige fragwürdige interessengesteuerte "Gutachten" beziehen.
Und noch ein Beispiel zur Glaubwürdigkeit unserer Gesellschaft. Wir erwarten zu Recht, dass große Teile des artenreichen Regenwaldes in wirtschaftlich armen Regionen unserer Welt geschützt werden. Müssen wir uns dann nicht schämen, wenn wir noch nicht einmal bereit sind, dies bei 5 % unserer Wälder vorzumachen?
Wir bitten sie:
· Stellen Sie sicher, dass die umweltschonende Bewirtschaftung unseres hessischen Staatswaldes durch die flächendeckende Zertifizierung nach FSC eingeführt wird.
· Sorgen Sie für ein Netzwerk aus verlässlich dauerhaft geschützter „Großflächen“.
Dies wird nur gelingen, wenn Sie die fachlich begründeten Vorgaben bei Ihren Mitarbeitern nachhaltig verankern. Dann werden unsere 1300 Mitglieder im Vogelsbergkreis und die 250 des BUND-Kreisverbandes wieder positiv in die Zukunft blicken können. Wir, die ehrenamtlichen Naturschützer im Vogelsberg und in ganz Hessen wollen Sie bei diesen Ihren Bemühungen um den Wald der Zukunft nach Kräften unterstützen.
Mit freundlichen Grüßen
NABU Kreisverband
Vogelsberg BUND-Kreisverband Vogelsberg
Karl-Heinz
Zobich
gez. Wolfgang Dennhöfer