Positionspapier
des NABU-Kreisverbandes Vogelsberg zur Energiewende

 

Präambel

Das Positionspapier des NABU-Kreisverbands ist eine Ergänzung der Positionspapiere des NABU-Bundes- und Landesverbandes, die wir aufgrund der Besonderheiten unserer Region für notwendig halten

Der Vogelsbergkreis zeichnet sich durch eine außergewöhnlich gute Ausstattung der Natur mit seltenen Pflanzen und Tieren aus. Beleg dafür ist die Ausweisung des größten hessischen Vogelschutzgebietes (das drittgrößte VSG des deutschen Binnenlandes) mit mehr als 63.000 ha. Die gesamtstaatliche Bedeutung der Vogelsberger Kultur- und Naturlandschaft wurde vom Bundesamt für Naturschutz durch die Genehmigung eines Naturschutzgroßprojekts anerkannt

Im Vogelsbergkreis ist der Ausbau der regenerativen Energieerzeugung mittels Windenergieanlagen im Vergleich zu anderen hessischen Landkreisen schon weit fortgeschritten. Es befinden sich überproportional viele WEA im Vogelschutzgebiet.

Das Ziel der "Schutzzone Hoher Vogelsberg" im Oberwald wird ausdrücklich unterstützt.

Allgemeines

Der NABU-Kreisverband reduziert die Problemstellung der Energiewende nicht auf Windenergie­anlagen. Im Vogelsbergkreis spielen daneben auch andere Formen der regenerativen Energieerzeugung eine Rolle:

a) Energiegewinnung durch Wasserkraft          
Der Neubau von Energiegewinnungsanlagen an unseren Flüssen sollte eingestellt werden!
Begründung: Die sehr geringe Bedeutung in Verbindung mit der starken Beeinträchtigung unserer durch viele negative Einflüsse bereits belasteten Fließgewässer.

b) Ausbau von Fotovoltaikanlagen

  Restriktionen: Fokussierung auf bebaute Flächen – maximale Nutzung von ehemals bebauten und nur schwer wieder zu bebauenden Flächen; keine Nutzung von naturschutzfachlich wertvollem Offenland und Wald.

c)  Energiegewinnung durch Biomasse (Energiepflanzen)     
Restriktionen: Fokussierung auf die Nutzung des natürlichen Aufwuchses von naturschutz­bedeutsamen Pflegeflächen sowie Heckenschnitt und Bio-Abfälle.

 

Erstellung und Betrieb von Windenergieanlagen

Forderungen auf den Ebenen des Landesentwicklungsplanes und der Regionalpläne

Das primäre Ziel der Pläne muss das Finden von konfliktarmen Gebieten für die Errichtung von Windenergieanlagen sein.

Bei der Erstellung der Pläne sind Schutzgüter und Regeln (mit der Beteiligung der Öffentlichkeit) klar zu definieren, transparent zu kommunizieren, und wie in anderen Bundesländern, in den Rang einer Rechtsordnung zu stellen.

Die Vorbelastung eines Gebietes durch Windenergieanlagen darf nicht zu einer Verkleinerung der Restriktionsbereiche führen, da hierdurch fehlerhafte Entscheidungen der Vergangenheit nachträglich legitimiert würden.

Die ausgewiesenen Vorranggebiete müssen eine tatsächliche Ausschlusswirkung für die restliche Kreisfläche besitzen, die durch Entscheidungen der Verwaltung auch durchgesetzt wird.

Das Maß für den Ausbau der Windenergienutzung sollte nicht die Flächengröße, sondern die zu erreichende Gesamtleistung der Anlagen sein. Falls das 2-%-Ziel beibehalten wird, sind bestehende Gebiete mit erstellten Anlagen, auch wenn sie außerhalb der neuen Vorrangflächen liegen, mit zu berücksichtigen. Erst bei Wegfall von bebauten Gebieten dürfen neue Vorranggebiete in Kraft gesetzt werden.

Da wir davon ausgehen, dass bei der Ausweisung von Vorrangflächen die besten Bereiche aus der Kombination Eignung (Windhöffigkeit etc.) in Kombination mit den zu berücksichtigenden Schutzgütern ausgewiesen werden, dürfen Abweichungsverfahren erst zugelassen werden, wenn landesweit auf Vorrangflächen keine Erstellung von Anlagen möglich ist.

 Forderungen für die Genehmigung von Windenergieanlagen

Genehmigungen ohne Öffentlichkeitsbeteiligungen sind bei raumbedeutsamen Bauwerken, wie Windenergieanlagen der neueren Bauart, nicht akzeptabel. Insbesondere die Genehmigungen des Regierungspräsidiums nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz untergraben die Akzeptanz in der Bevölkerung und gefährden somit die Ziele der Energiewende.

In den EU-Vogelschutzgebieten sind grundsätzlich Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) durchzu­führen. Außerhalb der EU-VSG ist die (UVP) bei Windparks ab 10 Einzelanlagen obligatorisch.

Für die Genehmigung von Anlagen zugrundeliegende Gutachten müssen in geeigneter Form qualitätsgesichert werden. Untersuchungsumfang und –tiefe sind landesweit vorzugeben. Hierbei ist zu gewährleisten, dass neue wissenschaftliche Erkenntnisse zeitnah in die Kriterien und die Bewertung der Ergebnisse einfließen.

Für den Schutz der durch WEA gefährdete Vogelarten schlagen wir die Kriterien der bundesweiten Länderarbeitsgemeinschaft Naturschutz vor. In EU-Vogelschutzgebieten ist eine strikte Einhaltung der Abstandskriterien zu gewährleisten. Abwägungen sind hier unzulässig.

Für den Schutz der durch WEA gefährdete Fledermausarten schlagen wir die von der Landesarbeitsgemeinschaft Fledermausschutz und die in der EUROBATS-Publikation festgelegten Regeln vor.

Für jeden Windpark ist ein Monitoring Fledermausaktivität im Rotorbereich festzulegen. Dies sollte mindestens an sachlich begründeten 100 Tagen im Jahr stattfinden. Umfang, Dauer und Tiefe des Monitoring sind landesweit verbindlich festzulegen.

Für jeden Windpark ist die tatsächliche Beeinflussung der Avifauna durch Verdrängung und Tötung mit geeigneten Methoden zu untersuchen. Umfang, Dauer und Tiefe der Untersuchungen sind landesweit verbindlich festzulegen.

Jede Genehmigung muss Maßnahmen festschreiben, die bei definierten Ergebnissen des Monitoring umgesetzt werden müssen.